Technologie im Klassenzimmer
Autor: Đorđe Trišović
„Denk ich an Handys in der Nacht/Dann bin ich um den Schlaf gebracht.” Es sei uns gleich zu Beginn des vorliegenden Blogeintrags erlaubt, die berühmten Verse Heines in einer leicht bearbeitenden Form heranzuziehen, um alle Unruhen und Verwirrungen eines Lehrers* aus dem 21. Jahrhundert besser zu verstehen. In einer Zeit, in der nicht nur viel gechattet, gepostet und getwittert wird, sondern in der es auch so gut wie unmöglich ist, die Blicke der gesenkten Köpfe der anderen zu erwischen - aber nicht weil es der ganzen Welt plötzlich so viel um längst vergessene Höflichkeitsformeln geht, sondern weil beinahe alle Menschen mit ihrem Aufenthalt in der virtuellen Welt beschäftigt sind - stellt sich die Frage, was ein ausgebildeter und sich aller Herausforderungen beim Deutschlernen bewusster Lehrer eigentlich tun kann, um allen Wünschen, Bedürfnissen, darunter auch dem Bedürfnis an der virtuellen Vernetzung, und den zu erlangenden Kompetenzen seiner Schüler gerecht zu werden? Um der begehrten Antwort auf den Grund zu gehen, machte man am ÖI Belgrad einige Versuche, die Technologie in den Lernprozess der Kursteilnehmer zu integrieren, weshalb der folgende Text sowohl als Rückblick auf die Praxis als auch als Reflexion über die Qualität der geernteten digitalen Früchte verstanden werden sollte.
Der Wortschatzerwerb stellt zweifelsohne eine der Hauptherausforderungen im DaF-Unterricht dar. Selbst die eingefleischten Grammatikfans gelangen nämlich während der Zeit allmählich zur Einsicht, dass man für eine gelungene Kommunikation weit mehr braucht als nur die tiefe Einsicht in die Welt der Flexionen und Konjugationen (deren Bedeutung wir keineswegs unterschätzen möchten). Ja, aber wer hat denn heute noch genug Zeit, ganze Vokabellisten aufzuschreiben und sie fleißig zu pauken, wenn viele von diesen Wörtern trotz aller Mühe relativ schnell in Vergessenheit geraten?
Apps, die den Wortschatzerwerb erleichtern, gibt es im Netz in großer Zahl, indessen möchten wir Sie gerne auf die App Quizlet aufmerksam machen. Grundsätzlich geht es hier um das längst bekannte Prinzip des Lernens mithilfe der Karteien (auf einer Seite ein Terminus und auf der anderen dessen Bedeutung, Definition o. Ä.), wobei das ganze Konzept den Lernern verschiedene interaktive Übungen und Spiele zur Verfügung stellt. Sei es das einfache Wiederholen (Learn, Flashcards), Rechtschreibübungen (Write, Spell) oder ganz einfach ein Vokabeltest mit diversen Aufgabentypen (lässt sich entweder online ausfüllen oder ausdrucken – Test). Jeder findet bestimmt das Richtige für sich. Und diejenigen, die großen Wert auf Spiele legen, können auch versuchen, möglichst geschwind die passenden Begriffe zuzuordnen (Match) oder mithilfe ihres Wissens die Welt zu retten (Gravity). Und nicht zu vergessen die Option Quizlet Live – die sorgt in der Regel für sehr positive Reaktionen seitens der Schüler.
Am ÖI Belgrad wurde Quizlet auf Empfehlung der Zentrale des ÖI in Wien eingeführt, und zwar als Hilfsmittel im Intensivkurs Sprint A1,. Zurzeit lassen sich auf der Webseite des ÖI Belgrad auch Lernkarteien zum Lehrwerk Motive finden.

Beim Stichwort Testen sträuben sich den Lernern (aber auch den Lehrern) die Haare. Nicht selten tauchen da in der Regel längst verdrängte Erinnerungen aus der Schulzeit auf – schweißnasse Hände, zeitliche Begrenzung, Fragen, bei denen man stolpert. Hinzu kommt auch endlose Zeit, bis man seine Ergebnisse endlich in die Hände kriegt. Ziehen wir alles Genannte in Betracht, dann lässt sich verstehen, warum Schüler auf jegliche Art der Tests (z. B. Zwischen- und Abschlusstests) im Kurs eher mit Abneigung reagieren, obwohl dabei vor allem die Bewertung des Lernerfolgs im Vordergrund steht.
Testen, und zwar auf eine spielerische und durchaus stressfreie Weise, ermöglicht die App Kahoot. Sie funktioniert nämlich dadurch, dass der Lehrer sowohl Fragen und richtige Antworten als auch die Zeit bestimmt, die den Lernern zur Lösung der Aufgabe zur Verfügung steht. Da dies im Grunde genommen ein Quiz mit Multiple-Choice-Fragen ist, spielen nicht nur die Richtigkeit der Antworten, sondern auch die Zeit, in der ein Spieler die Antwort angeklickt hat, eine wichtige Rolle, weshalb die erreichte Punktanzahl pro Frage und Spieler variieren kann. Nach jeder Frage wird auch die Liste mit aktuellen Ergebnissen präsentiert, sodass die Spannung unter den Quizteilnehmern und deren Konzentration die ganze Zeit auf hohem Niveau bleibt.

3. Handys im Unterricht**
... sollten ausgeschaltet oder stumm gestaltet sein, so liest man heutzutage relativ oft und überall, wo man Gefahr läuft, andere durch den Klingelton seines Smartphones zu stören. Und nicht zu Unrecht – ein Leben ohne Handys lässt sich nicht mehr wegdenken, was sie verständlicherweise auch zum Teil des Unterrichts werden lässt. Um sie im Klassenzimmer einzusetzen, bedarf man keiner ausgesprochen guter Technikkenntnisse oder, wie die folgenden Beispiele zeigen , nicht einmal des Internets.
Will man seine neue Gruppe in der ersten Stunde sprachlich und persönlich kennenlernen, dann gibt es die gute Möglichkeit, dass sich jeder Kursteilnehmer anhand eines ausgewählten Fotos aus seinem Handy vorstellt. Da hier meistens konkrete Ereignisse und Situationen abgebildet wurden, mangelt es sich den Schülern nicht an Ideen, wenn sie etwas über sich sagen sollen, und sie fühlen sich motivierter, weil sie selbst entscheiden, was sie von sich die anderen wissen lassen.
Darüber hinaus bleiben Gespräche und Diskussionen ein altbewährtes Mittel für die Entwicklung der Sprechfertigkeit (und -fähigkeit) im Unterricht, insbesondere bei den Lernern, denen die Überwindung der Sprechfähigkeit noch zu schaffen macht. Um diese Übungen ebenfalls technisch zu unterstützen, lassen sich mit Handys entweder Audioaufnahmen oder Videoaufnahmen anhand eines früher entwickelten Szenarios machen, die anschließend dem Lehrer zur Analyse und Korrektur geschickt werden. Der mögliche Einsatz der Handys besteht auch darin, dass die Schüler selbstständig die Aufnahmen zu Hause machen, sofern sie den Wunsch haben, die Sprechübungen aus dem Unterricht noch einmal durchzugehen.
* Alle Personenbezeichnungen gelten sowohl für männliche als auch für weibliche Personen.
** Für diese Ideen dankt der Autor Herrn Denis Weger, dem Autor des Workshops Smartphone im Unterricht (ÖDaF Tagung 2017).